Alpe di Cadinello
Alpe di Cadinello - Alpe di Gesero
Dauer: ca. 3 Std. 45 Min.
Distanz: ca. 42 km
Höhenmeter: 1600 m
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Google Earth
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Karte
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GPS / GPX
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Roveredo GR (294 m) - Laura (1372 m) - Alpe di Cadinello (1828 m) -
Alpe di Gesero (1706 m) - Alpe della Costa (1623 m) - Arbedo-Castione
(Bellinzona) (248 m) - San Vittore (278 m) - Roveredo GR (294 m)
Eine anspruchsvolle Tour für gut Trainierte. Sie liegt im Grenzgebiet zwischen
dem Tessin und Graubünden. Eigentlich geht es 1600 Höhenmeter rauf und auf der
anderen Seite wieder 1600 Höhenmeter runter. Dafür aber abseits vom Verkehr,
durch wunderschöne Kastanienwälder. Die Strecke ist zu 90% asphaltiert und mit
8-12% nicht sehr steil. Beim Aufstieg wird man im Sommer durch das Blätterdach
vor der Sonne geschützt. Dies ist auch dringend nötig, denn auf ein flaches Stück
zum Ausruhen wartet man vergeblich.
Tourenbericht von "Heidis Lieblingstour"
Radtour vom Montag, 22. Oktober 2012
Etappe "Roveredo - Laura - Alpe di Cadinello"
Diashow mit Fotos dieser Etappe
Seit Wochen liegen Kartenausschnitte von einer Tour im Tessin auf meinem
Schreibtisch: 'Heidis Lieblingstour'. Endlich einmal ein Tipp von jemand
anderem. Endlich etwas Neues. Endlich Ferien! Die eigenen Touren ist man
ja schon gefühlte tausend Mal gefahren und hängen einem am Ende der Saison
sichtbar zum Hals heraus.
Am 22.10.2012 ist es so weit. Ich erstelle in Garmin MapSource ein GPX-File,
lade es in mein GPS, suche in gmaps mögliche Parkplätze, drucke Karten von
Roveredo aus und rase mit dem Auto in Richtung Tessin. War da nicht noch
etwas? Ach ja, die Jeannette!
Wir sind wie immer spät dran. Dafür fahren wir fast allein durch den
Gotthardtunnel. Ich schalte auf Autopilot und mache ein Nickerchen ;-)
Nach nur 75 Minuten sind wir in Roveredo (294 m). Gleich nach der Brücke
hat es einen Wegweiser zu einem Parkplatz. Ich mache noch eine kleine
Erkundungsrunde durch das Dorf und fahre schliesslich doch zu dem
erwähnten Parkplatz.
Da Jeannette gestern streng darauf geachtet hat immer alles 'Münz' los zu
werden (diese Manie bleibt mir für immer ein Rätsel), hatten wir ein erstes
Problem. Die wollen hier einen Franken für eine Stunde. Selbst im kleinsten
Dörfchen kennt man keine Gnade. Jeannette will sowieso noch Einkaufen und
macht sich auf den Weg zum Coop. Ich beschäftige mich in der Zwischenzeit
mit dem Ausladen.
Jeannette hat 'immer' Münz - irgendwo - irgendwann
Kaum ist alles ausgeladen, kommt meine Jeannette auch schon strahlend mit
Kleingeld und vor allem mit Ragusa zurück. Schatz, du bist die Allerbeste!
Während ich immer gerne genügend Geld in die Parkautomaten werfe, ist Jeannette
in dieser Beziehung ein richtiger Geizkragen. Knurrend lasse ich sie gewähren.
18:00 Uhr ist also die von meinem Guide vorgegebene Deadline.
Noch ein Ragusa und dann kann es losgehen. Mein Garmin führt uns die ersten
zweihundert Meter im 'Seich umä'. Fängt ja gut an. Aber schliesslich finden
wir den Einstieg und radeln in Richtung Laura zum Dorfausgang hoch. Dort
erwartet uns ein aufgeklebtes Fahrverbot mit einer italienischen Erklärung.
Zum Glück können wir nicht italienisch und so kann die Fahrt weiter gehen.
Zuerst geht es durch wunderschöne Kastanienwälder. Jeannette steigt dauernd
ab und sammelt die braunen Früchte ein. Leider sind sie sehr klein, dafür aber
gratis. Auch zwei Einheimische irren suchend durch das Laub.
Ich radle mit frischen Beinen den Berg hoch. Die Strasse ist asphaltiert
und in mittelprächtigem Zustand. Auf der ganzen Strecke liegen immer
wieder Steine im Weg. Sie sind zum Teil zwischen den vielen Kastanienigeln
etwas versteckt. Man muss also vor allem bei der Abfahrt aufpassen. Der
Verkehr ist minimal. Es waren nur ca. fünf Autos die uns überholten oder
kreuzten.
Leider ist der Anstieg um diese Jahreszeit fast ganz im Schatten. An einem
heissen Sommertag macht die Fahrt im Wald vermutlich mehr Spass. Etwas
neidisch schaute ich auf die andere, sonnige Talseite. Doch viele
Gelegenheiten für einen freien Blick hat man auf dieser Tour nicht.
Es gibt auch einen schmalen, stockfinsteren Tunnel mit einer Solaranlage
und einem Lichtschalter für Fussgänger und Radfahrer. Erstaunlich, dass
man sich hier die Mühe für so eine Anlage gemacht hat. Im Tunnel zwischen
Siegriswil und Beatenberg bin ich ja wegen der fehlenden Beleuchtung einmal
auf die Nase gefallen. Aber auch wieder typisch für den Süden, nach dem
Betätigen des Lichtschalters blieb es im Tunnel dunkel! Ich hatte kein Licht
montiert und blieb gerne in der Nähe von Jeannette. Der 'Scheinwerfer' ihres
Flyers war in diesem finsteren Loch Gold wert.
Theoretisch ist der Tunnel beleuchtet...
Die Steigung beträgt durchgehend 8-12%. Auf einen flacheren Abschnitt zum
Ausruhen wartet man vergeblich. Irgendwann kamen wir zum Feriendörfchen Laura.
Gleich beim Dorfeingang hielt ein PW neben Jeannette. Die dachte natürlich wegen
dem missachteten Fahrverbot sofort an das Schlimmste, dabei wurde sie vom älteren
Herrn nur in überschwänglichem Italienisch für ihre Leistung gelobt: 'Brava,
signora Flyer!' Der arme Ehemann ohne Motor wurde nicht beachtet. Er hat ja auch
keinen Busen.
Laura selbst war verlassen, das Restaurant geschlossen. Alles war für den Winter
bereit. Oberhalb vom Dörfchen hörten wir das Geräusch von Motorsägen und etwas
noch viel Lauteres, unbekanntes. War unsere Tour schon bald zu Ende?
Noch eine Kurve und dann sahen wir die Waldarbeiter. Alles im grünen Bereich.
Sie hatten sich auf eine Nebenstrasse eingerichtet und wir hatten freie Fahrt.
Das erwähnte Höllengeräusch wurde übrigens von einer Holztransportseilbahn
verursacht. Der Motor der Maschine war am Seil befestigt und wurde mit Hilfe
einer Fernsteuerung bedient.
Gemäss Karte ging es also nochmals ca. 400 Höhenmeter rauf. Langsam spürte ich
den 'Hoger' in meinen Beinen. Natürlich blieb die Strasse auch weiterhin im Schatten.
Zwei Kilometer vor dem Tunnel kam uns ein Personenwagen entgegen. Hier haben
viele Fahrzeuge GR-Schilder. Roveredo gehört zu Graubünden! Wohin müssen diese
Lenker eigentlich mit den Autos zur Fahrzeugkontrolle? Doch zurück zum erwähnten
Auto. Wir waren zufälligerweise gerade mit einer Schneeballschlacht beschäftigt.
Als wir das Fahrzeug entdeckten, machten wir sofort Platz. Die Lenkerin würdigte
uns keines Blickes und raste auf der Holperpiste in einem Affenzahn an uns vorbei.
Das Auto war voll besetzt und rechts ging es ziemlich steil den Berg hinunter.
Eine seltsame Begegnung am Ende der Welt. Noch seltsamer: Woher kamen die überhaupt?
Oben gibt es nur einen schmalen Tunnel der zu zwei verlassenen Steinhütten führt.
Wohnen die in so einer Hütte und mussten ‚schnell‘ nach Roveredo in den Coop? Waren
die Ragusa ausgegangen? Oder sind die in Roveredo Zuhause und waren 'schnell' zur
Alp hochgefahren um die Geranien zu giessen oder einen vergessenen Suppenlöffel
zu holen?
Ganz oben hat es nochmals einen unbeleuchteten Tunnel. Er ist aber gerade und man
sieht auf der anderen Seite den Ausgang. Juhe, dort scheint die Sonne. Der Boden
im Tunnel ist uneben und hat einige Löcher. Ich blieb nochmals brav in der Nähe von
Jeannette und ihrem Flyer-Scheinwerfer.
Am anderen Ende erwartete uns tatsächlich die lang ersehnte Sonne. Die Alpe di
Cadinello (1828 m) war erreicht. Ich machte noch einige Fotos und ärgerte mich
etwas über die schlechte Fernsicht. Trotz Sonnenschein war es dunstig. Dann gab
es das verdiente Picknick. Die 1600 Höhenmeter haben mich hungrig gemacht. Hier
oben ist man zu dieser Jahreszeit völlig alleine. Die Ruhe ist unbezahlbar und
dringt tief in die Seele ein. Während dem Schreiben dieser Zeilen kann ich mich
noch genau an dieses schöne Erlebnis erinnern. Man entspannt sich automatisch,
wenn man daran denkt. Die Fotos helfen mir immer beim Erinnern. Was für eine
tolle Erfindung.
Etappe "Alpe di Cadinello - Alpe di Gesero - Arbedo-Castione (Bellinzona) - Roveredo"
Diashow mit Fotos dieser Etappe
Die Sicht ins Tal hinunter machte uns etwas stutzig. Liegt die Fahrt nach
Arbedo-Castione (Bellinzona) auch auf der Schattenseite? Bitte nicht! Wir
sind doch extra wegen der Sonne in den Tessin gefahren! Jammer, Jammer,
Jammer. Hier hilft nur ein Zuckerschub: 'Schatz, hätt’s na es Ragusa?'
In weiser Voraussicht zog ich die Beinlinge und natürlich die Jacken (!)
an. Dann fuhren wir auf einer groben Naturstrasse in Richtung Alpe della
Costa. Es ging auch nochmals einige Meter hoch. Der Miniaufstieg ist aber
kaum der Rede wert. Danach ging es nur noch runter. Irgendwie mussten ja
die 1600 Höhemeter wieder 'vernichtet' werden.
Natürlich lag auch die Talfahrt im Schatten! Der Mischwald war aber
wunderschön und so herrlich dicht. Die Strasse war asphaltiert und ab
der Mitte sogar mit allerfeinstem Belag versehen. Aber auch hier lagen
zum Teil recht grosse Steine im Weg und ich hatte etwas Angst um meinen
verträumten Schatz. Aber ihre Augen waren wegen den Kastanien sowieso
nur auf den Boden gerichtet.
Trotz ca. 14 Grad fror ich. Vor allem weil Jeannette dauernd anhielt,
um Kastanien zu sammeln. Sie steckte mich schliesslich mit ihrer Sucht
auch noch an und wir krochen zu zweit auf der Strasse herum. Wie zwei
wild gewordene Eichhörnchen hüpften wir von einer grünen Kugel zur
anderen. Die Kastanienigel gaben ihre Früchte nicht gerne her und
wehrten sich mit ihren spitzen Stacheln: 'Autsch!'
Zum Glück hatten wir Helme an, denn immer wieder krachten Kastanien
durch das Blätterdach auf die Strasse. Das Sammeln hat sich übrigens
gelohnt. Gerade habe ich von Jeannette eine Maroni zum Probieren erhalten.
Die kleinen Dinger sind erstaunlich lecker. Viel besser als jene an der
Olma. Hätten wir doch nur noch mehr gesammelt.
Ich freute mich auf die Fahrt von Arbedo-Castione (Bellinzona) nach Roveredo.
Wenigstens noch einige Kilometer an der Sonne. Einfach etwas Tessiner Feeling zum
Abschluss. Während diesen Gedanken ging die Sonne unter und es war übergangslos
Nacht! Nanu, gemäss meinem GPS war es 4:30 Uhr. Jeannette lachte laut. Ich hatte
die zurückgelegte Fahrzeit mit der Tageszeit verwechselt. Hatte mein Hirn wegen
akutem Sauerstoffmangel beim langen Aufstieg Schaden genommen?
Als ich Jeannette auf den um 18:00 Uhr abgelaufenen Parkschein aufmerksam machte,
verging ihr das Lachen. Wir sausten ohne weitere Kastanienstopps nach Arbedo-Castione
(Bellinzona) runter. Jeannette fluchte jedes Mal, wenn wir an einer grossen 'Maroni'
vorbei rasten – vor allem wenn ich auch noch ‚aus Versehen‘ darüber fuhr.
Die Fahrt nach Roveredo führt auf der ersten Hälfte auf einem Fussweg dem Fluss
entlang. Es reihte sich Loch an Loch und Jeannette liess natürlich trotz Scheinwerfer
keines aus. Als sie dann auch noch in tiefem Sand stecken blieb, fluchte sie wie ein
Fuhrmann. Ich konnte mir das Lachen kaum verkneifen. Um dem Gefluche zu entfliehen
wäre ich gerne etwas voraus gefahren, aber sie hatte Licht und ich nicht. Die Ohren
konnte ich mir ja leider nicht gut zu halten.
In San Vittore mündet der Radweg in die Hauptstrasse ein. Da ich auf der anderen
Seite ein kleines Strässchen sah, wollte ich auf meinem GPS kurz nachschauen, ob
wir so die Hauptstrasse umfahren können. Während ich mit dem Garmin herumspielte,
ertönte auf der anderen Seite aus dem Dunkeln die tiefe Stimme eines älteren
Einheimischen: 'Roveredo! Roveredo!' Dazu fuchtelte er mit den Armen in Richtung
Hauptstrasse. Jeannette war begeistert, Roveredo liegt also rechts von uns! Ja wo
denn sonst? Aus der anderen Richtung sind wir ja gerade gekommen. Etwas gekränkt
raste ich wortlos auf der Hauptstrasse nach Roveredo. Der kühle Fahrtwind tat
meinem Hirn gut. Jedenfalls ärgerte ich mich plötzlich darüber, dass ich dem netten
Herrn nicht ein 'Grazie Signor Presidente!' zurückgerufen hatte.
Irgendwann kamen wir schliesslich in Roveredo an. Wenigstens keine Parkbusse!
Schnell war alles eingeladen und ich konnte mich umziehen. Jeannette gab mir
etwas 'Rückendeckung'. Ich kam mir vor wie ein Unzüchtler. Obwohl der dunkle
Parkplatz abends etwas abgelegen ist, kamen immer wieder Autos und vor allem
alte Damen mit ihren Hündchen vorbei.
Die Rückfahrt mit dem Auto verlief problemlos. Es gab nur wenig Verkehr und
ich konnte fast alles im Tempomat fahren. Nur im Gottahrdtunnel zählte ich
ungeduldig die Kilometer runter, denn die vielen Höhenmeter hatten den 'Dachs'
geweckt und der kroch mir langsam den Rücken hoch.
So, das war also 'Heidis Lieblingstour'. Die Lieblingstour von Jeannette ist
bekanntlich die Überquerung des Sichlepasses im Berner Oberland. Da muss man
rauf UND runter schieben! Dies hätte mich beim Vorschlag von Heidis Lieblingstour
etwas stutzig machen sollen. Vorsicht vor den 'Power-Frauen'! Gerade habe ich
die Route im Internet gefunden. Sie trägt dort den Titel 'Höhenmeter bolzen'!
Aber bitte nicht falsch verstehen, im nächsten Sommer fahre ich sicher wieder
zum Tunnel hoch! Es ist so ein schöner Tunnel. Ausserdem muss ich unbedingt noch
'anständige' Fotos schiessen. Doch vorerst habe ich genug vom steilen Tessin.
Sobald dieser Bericht fertig ist fahren wir für ein paar Tage ins 'flache' und
sonnige Engadin.